Resilienz

Die Arbeitswelt dreht sich immer schneller. Die Aufgaben werden anspruchsvoller und vielschichtiger. Der Beruf bietet Chancen, aber auch zunehmend Belastungen und die Herausforderung für jeden Einzelnen, auf Dauer leistungsfähig und gesund zu bleiben.

Der Begriff Resilienz leitet sich vom lateinischen Wort „resilio“ (abprallen, zurückspringen) ab. Er kommt ursprünglich aus der Physik und bezeichnet hochelastische Werkstoffe, die nach jeder Verformung ihre ursprüngliche Form wieder annehmen.

Verhaltensforscher haben das Modell der Resilienz Anfang der Neunzigerjahre auf den Menschen übertragen: Es kennzeichnet Personen  - oder soziale Systeme - die erfolgreich mit belastenden Umständen und deren negativen Folgen umgehen. Das heißt, dass sie die Fähigkeit besitzen, gezielt auf Ressourcen zurück zu greifen und sich an ändernde Situationen anzupassen. Sie akzeptieren Situationen wie sie sind und verleihen Krisen kein allzu großes Gewicht. Es bedeutet aber nicht, dass widerstandsfähige Menschen Belastungen ausblenden oder beschönigen. Kurz: Resilienz drückt sich aus durch die Einstellung zum Leben.

Wissenschaftliche Untersuchungen und insbesondere eine Langzeitstudie unter der Leitung von Emmy Werner*, die im Jahr 1977 veröffentlicht wurde, haben gezeigt, dass bestimmte Fähigkeiten Menschen in die Lage versetzen, Krisen und ungewollte Veränderungen besser zu bewältigen und sogar gestärkt aus ihnen hervorzugehen.

Die Säulen der Resilienz

Für resiliente Menschen sind Veränderungen Teil des Lebens und schwierige Situationen und Stress werden als zeitlich begrenzte Phasen angesehen.

Resiliente Menschen bewerten sich selbst positiv und sind sich ihrer eigenen Fähigkeiten bewusst. Sie sind dadurch unabhängiger von der Anerkennung durch andere.

Resiliente Menschen erleben ebenso viele belastende Situationen wie andere. Sie lassen aber angenehmen Emotionen mehr Raum als den unangenehmen. Sie nehmen dadurch positive Erlebnisse stärker und bewusster wahr.

Resiliente Menschen setzen voraus, dass schwierige Situationen einen guten Ausgang haben werden. Sie ergreifen mutig Chancen, die sich ihnen bieten. Diese Einstellung lässt sie länger durchhalten oder an einer Lösung arbeiten. Ist das Ergebnis positiv, wächst das Vertrauen, künftig ähnlich Situationen genau gut zu meistern.

Resiliente Menschen sind überzeugt, dass Situationen beeinflussbar und steuerbar sind. Dadurch fühlen sie sich in Krisensituationen nicht machtlos oder ausgeliefert.

Eine hohe Selbstwirksamkeit entsteht, wenn Menschen ihre Erfolge den eigenen Fähigkeiten zuschreiben oder wenn Erfolge durch positives Feedback anderer Menschen anerkannt werden. Resiliente Menschen vertrauen auf ihre Kompetenzen und gehen davon aus, dass sie durch ihre eigenen Fähigkeiten ein bestimmtes Ergebnis erreichen können.

Je größer und stabiler das soziale Netz aus Familienangehörigen, Freunden und Kollegen ist, desto mehr kann mit Unterstützung und Hilfe in schwierigen Situationen gerechnet werden. Dabei reicht für die Verminderung der psychischen Belastung allein die Möglichkeit aus, theoretisch auf das soziale Netz zurück greifen zu können.

Unternehmen, die die Belastungsgrenzen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ernst nehmen und ein wertschätzendes Betriebsklima fördern, profitieren auf vielen Ebenen: Die Qualität der Arbeitsleistung steigt, die Bindung an das Unternehmen ist stärker, die Außenwirkung wird verbessert, u. v. m.

So können gesunde Arbeitsbedingungen, soziale Netzwerke, gegenseitige Unterstützung, Feedback- und Fehlerkultur, Qualifizierungsangebote und vieles mehr dazu beitragen, die Resilienz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Arbeitswelt zu stärken.

*1977: The Children of Kauai. A longitudinal study from the prenatal period to age ten. University of Hawai'i Press