Innenraumarbeitsplätze
Innenraumarbeitsplätze finden sich in ganz unterschiedlichen Arbeitsumgebungen wie Büros, Verkaufsräumen, Krankenhäusern, Schulen, Kindertageseinrichtungen oder Bibliotheken. An solchen Arbeitsplätzen gibt es laut Definition keine Tätigkeiten mit Gefahrstoffen oder biologischen Arbeitsstoffen (wie z. B. in einem Labor).
Beschwerden von Beschäftigten an solchen Arbeitsplatzen werden häufig als Sick-Building-Syndrom bezeichnet: Augenbrennen, Kratzen im Hals, verstopfte Nase oder Kopfschmerzen sind entsprechende Symptome. Oft lassen sich die Probleme nicht auf eine einzige Ursache wie beispielsweise Farb- oder Teppichausdünstungen zurückführen, sondern bedürfen einer umfassenden Analyse. Neben der Qualität der Atemluft sind u. a. das Raumklima, störende Geräusche, die Beleuchtung, die Arbeitsplatzgestaltung und psychische Faktoren wie z. B. Stress zu berücksichtigen.
Bei der Problemanalyse wird vorschnell nur die Belastung beachtet, die am deutlichsten wahrgenommen werden. Oder es werden nur die Belastungen betrachtet, die mit großen Ängsten vor gesundheitlichen Schäden verbunden sein können. In der Praxis wirken jedoch häufig viele Faktoren zusammen, die zu gesundheitlichen Beschwerden führen können.
Systematische Ursachenermittlung
Die Ursachenermittlung von Innenraumbelastungen führt aufgrund dieser komplexen Zusammenhänge häufig nicht zu einem zufriedenstellenden Ergebnis. Auch Messungen der Innenraumluft ergeben oft nur Hinweise oder Antworten zu einem Teil der tatsächlichen Belastungen. So ist die Nase des Menschen ein sehr empfindliches Organ, das in der Lage ist, ein größeres Spektrum an Gerüchen auch in Spuren wahrzunehmen, als bei Raumluftuntersuchungen bestimmt werden kann. Andere Belastungsfaktoren wie hohe Arbeitsbelastungen (psychische Belastungen) sind nicht durch chemische Analysen bewertbar. Daher ist eine systematische Herangehensweise erforderlich, die die multifaktoriellen Ursachen gleichermaßen berücksichtigen.
Eine gute Hilfestellung zur methodischen Vorgehensweise gibt der Report der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV): „Innenraumarbeitsplätze - Vorgehensempfehlung für die Ermittlungen zum Arbeitsumfeld“.
Innenraumarbeitsplätze
Da es sich bei Innenraumarbeitsplätzen per Definition nicht um Bereiche handelt, in denen Tätigkeiten mit Gefahrstoffen oder biologischen Arbeitsstoffen ausgeführt werden, sind die entsprechenden Arbeitsschutzverordnungen (Gefahrstoffverordnung und Biostoffverordnung) hier nicht anwendbar. Darüber hinaus handelt es sich bei diesen Arbeitsplätzen auch nicht um Lärmbereiche im Sinne der „Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung".
Stattdessen sind die Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung zu berücksichtigen, die für umschlossene Arbeitsräume eine dem Arbeitsverfahren, der körperlichen Beanspruchung und der Anzahl der Beschäftigten sowie der sonstigen anwesenden Personen entsprechende ausreichend gesundheitlich zuträgliche Atemluft fordert. Nach den Erläuterungen der zugehörigen Technischen Regel ASR A3.6 muss die Innenraumluft in der Regel Außenluftqualität aufweisen.
Verbindliche Luftgrenzwerte für die chemische oder biologische Innenraumluftqualität gibt es nicht. Für die Bewertung wird daher die Qualität der Innenraumluft mit der Außenluftsituation verglichen. Verschiedene Institutionen wie z:B. das Umweltbundesamt (UBA), die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) sowie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlichen Richtwerte, Innenraumarbeitsplatz- bzw. Klassenraum-Referenzwerte oder Leitwerte die bei einer Beurteilung von Messungen hilfsweise herangezogen werden können.
Werden jedoch Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ausgeführt, regelt die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) sowie ihr zugehöriges Technisches Regelwerk den Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch Gefahrstoffe. Bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen oder physikalischen Gefahren gelten die zugehörigen Arbeitsschutzverordnungen mit ihren jeweiligen Regelwerken.
Seitens des Baurechts gibt es darüber hinaus Regelungen und Richtwerte für bestimmte Stoffe wie Asbest, Polychlorierte Biphenyle (PCB) und Pentachlorphenol (PCP) in Gebäuden.
Hier sind z.B.
- § 3 der Landesbauordnung NRW
- die Asbest-Richtlinie - Richtlinie für die Bewertung und Sanierung schwach gebundener Asbestprodukte in Gebäuden - Nordrhein-Westfalen - Fassung vom Januar 1996
- die PCB-Richtlinie NRW - Richtlinie für die Bewertung und Sanierung PCB-belasteter Baustoffe und Bauteile in Gebäuden RdErl. d. Ministeriums für Bauen und Wohnen v. 3.7.1996 -II B 4-476.101 (Am 01.01.2003: MSWKS)
(MBl. NRW. 1996 S. 1260) - die PCP-Richtlinie - Richtlinie für die Bewertung und Sanierung Pentachlorphenol (PCP)-belasteter Baustoffe und Bauteile in Gebäuden - Nordrhein-Westfalen - Fassung vom Oktober 1996 - (MBl. NRW 1997 S. 1058)
- Änderung des Runderlasses Einführung Technischer Baubestimmungen nach § 3 Abs. 3 BauO NRW*) RdErl. d. Ministeriums für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr - VI A 4 - 408 - v. 4.2.2015 (MBl. NRW 2015 Nr. 8 vom 7.4.2015 Seite 165 bis 218)
zu nennen.
Für die konkrete Ursachenermittlung sollte die Fachkunde von Experten, wie z.B. den Fachkräften für Arbeitssicherheit und den Betriebsärzten sowie externer Berater genutzt werden. Unterstützung bieten gegebenenfalls auch die Aufsichtspersonen der Unfallkasse NRW an.
Die Unfallkasse NRW bietet darüber hinaus in Ihrem Seminarprogramm regelmäßig Seminare für Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Betriebsärzte und Fachpersonal aus Bau-, Gesundheits- und Umweltämtern an, um die Komplexität der Problemstellungen darzustellen und mögliche Lösungsansätze zu vermitteln. Darüber hinaus sollen die genannten Personengruppen hinsichtlich der Problematik „Innenraumluftbelastung“ sensibilisiert werden und die notwendigen Informationen zur Einstufung und Bewertung erhalten. Im Rahmen von Forschungsprojekten zum Beispiel in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) führt die Unfallkasse NRW regelmäßig chemische, biologische und physikalische Messungen verschiedenster Parameter durch.
- IFA-Report „Innenraumarbeitsplätze – Vorgehensweise für die Ermittlungen zum Arbeitsumfeld“
- Ableitung aktueller Innenraumarbeitsplatz-Referenzwerten der Unfallversicherungsträger (Veröffentlichung des IFA, 2018)
- Beurteilung von Innenraumluftkontaminationen mittels Referenz- und Richtwerten - Handreichung des Ausschusses für Innenraumrichtwerte (Vormals Ad-hoc-Arbeitsgruppe) des Umweltbundesamtes
- Leitfaden zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden (Umweltbundesamt 2017)
- Wirkung und Bewertung von Gerüchen an Innenraumarbeitsplätzen – Befragungen und Innenraummessungen in Büroräumen ohne bekannte Innenraumprobleme (Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung - IPA-Journal 02/2020)
- Fachportal Innenraumluft NRW des Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen
- Innenraumluftqualitäts-Richtlinien zu ausgewählten Schadstoffen (Benzol, Kohlenmonoxid, Formaldehyd, Naphthalin, Stickstoffdioxid, PAK, Radon, Trichlorethylen, Tetrachlorethylen) der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
- Schimmelpilze im Sedimentationsstaubvon Büroräumen und stichprobenhafter Vergleich mit Luftproben (Veröffentlichung der Unfallkasse NRW in Gefahrstoffe Reinhaltung der Luft Nr. 5 2020; Quelle: www.gefahrstoffe.de)
- Orientierungswerte für flüchtige organische Verbindungen in der Raumluft der Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute e. V. (AGÖF)
- Hinweise zu Aufstellung und Betrieb von Druckern und Kopierern in Büros
- CO2-App der DGUV
- Bericht „Gesunde Luft in Schulen: VOC- und Aldehydkonzentrationen in beschwerdefreien Klassenräumen – Teil 1“ der Unfallkasse NRW
- Bericht „Gesunde Luft in Schulen: Beurteilung der CO2-Konzentration und der thermischen Behaglichkeit in Klassenräumen – Teil 2“ der Unfallkasse NRW
- Bericht „Gesunde Luft in Schulen: Schimmelpilze in Sedimentationsstaub von Klassenräumen – Teil 3“ der Unfallkasse NRW
- MVOC-Konzentrationen in Klassenräumen und mögliche Einflussfaktoren (Veröffentlichung der Unfallkasse NRW in Gefahrstoffe Reinhaltung der Luft Nr. 6 2020,; Quelle: www.gefahrstoffe.de)
- Leitfaden des UBA für die Innenraumhygiene in Schulgebäuden
- Ergebnisse der IPA „Kita-Studie“ – Messung der Allergenbelastung in Kindertageseinrichtungen