Beförderung mit dem Fahrrad in der Kindertagespflege
Warum ist das Thema wichtig?
- In der Regel zählen Ausflüge (z. B. zum Spielplatz, in den Wald oder zum Einkaufen) in der Kindertagespflege zu den in der Konzeption verankerten Bildungsangeboten.
- Kindertagespflegepersonen benutzen für Ausflüge mit Tageskindern motorisierte und unmotorisierte Beförderungsmittel wie Fahrräder (mit Fahrradsitz/mit Fahrradanhänger) und Lastenfahrräder, um Wegstrecken (z. B. zum Spielplatz) bewältigen zu können.
- Fahrräder werden im öffentlichen Verkehrsraum genutzt.
- Fahrräder können eine hohe Geschwindigkeit erreichen, besonders beladen und bergab. Die Geschwindigkeit elektrischer Fahrräder wird unterschätzt.
- Veränderte Fahreigenschaften, die durch die zusätzliche Last hervorgerufen werden, lassen sich nur schwer einschätzen und können besonders bei Kurven und bei schnellem Bremsen zur Gefahr werden.
- Fahrräder können leicht umkippen.
- Einspurige Lastenfahrräder können im Stand schneller kippen als mehrspurige Lastenfahrräder. Mehrspurige Lastenfahrräder können bei Kurvenfahrten schneller kippen.
- Im Lastenfahrrad und im Fahrradanhänger können Kinder ggf. nicht in den Blick genommen werden.
- Kleinkindern fehlt je nach Alter und Entwicklungsstand
- ein Regelverständnis sowie
- ein Gefahrenbewusstsein.
- Kleinkinder verfügen in der Regel noch nicht über einen großen Erfahrungsschatz im Straßenverkehr.
- Fahrten mit dem Fahrrad erfordern besondere Achtsamkeit und Kompetenzen, da
- Kinder in ihrem Verhalten nicht einschätzbar sind.
- andere Verkehrsteilnehmer/innen in ihrem Verhalten nicht einschätzbar sind.
- unvorhergesehene Situationen eintreten können.
- die Kindertagespflegeperson vor Herausforderungen wie einer erhöhten Aufsichtspflicht und einer fremden Umgebung steht.
- Beim Verlassen des vertrauten Umfeldes in eine neue unbekannte Situation und fremde Umgebung könnten der Kindertagespflegeperson und den Tageskindern Gefahrenquellen wie z. B. Baustellen, schlechte Wegbeschaffenheit, kritische Verkehrsführungen, Herausforderungen durch Jahreszeiten und Witterungen (u.a. Laub, Regen, Schnee, Glätte) begegnen.
- Pkw-, Lkw- und Bus-Fahrende können Fahrradfahrende insbesondere im toten Winkel übersehen.
- Die Einnahme von Medikamenten kann die Aufmerksamkeit verringern, Reaktionszeiten verlängern und zu Fehleinschätzungen von Gefahren führen.

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Welche Gefährdungen sind möglich?
- Stürze
- Hinaus-/Hinabfallen
- Quetschen/Klemmen (z. B. am Beförderungsmittel)
- Verkehrsunfall
Handlungsanleitung für die Praxis
Allgemeines
- Zu beachten sind die Vorgaben zur Personenbeförderung nach § 21 Abs. 3 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO).
- Die Kindertagespflegeperson ist aufgrund ihrer Physis und ihrer Fahrpraxis in der Lage, Kinder mit dem Fahrrad sicher zu befördern.
- Die Eltern sind grundsätzlich schriftlich darüber informiert und damit einverstanden, dass ihr Kind von der Kindertagespflegeperson mit einem Fahrrad (mit Fahrradsitz/mit Fahrradanhänger/einem Lastenfahrrad) befördert wird.
- Es wird nachdrücklich darauf hingewiesen, Kinder erst dann zu befördern, wenn sie in der Lage sind, selbstständig zu sitzen und ihren Kopf sicher zu halten.
- Kindersitze sind entsprechend der Montageanleitung des Herstellers am Fahrrad angebracht.
- Der Sitz des Kindes ist entsprechend der individuellen Entwicklung, der Größe und des Gewichtes des Kindes anzupassen.
- Jedes Kind muss mit einem Gurtsystem in seinem Sitz gesichert sein.
- Es dürfen nicht mehr Kinder befördert werden, als Sitzplätze und Gurtsysteme vorhanden sind.
- Das Tragen eines Fahrradhelms wird der Kindertagespflegeperson aufgrund ihrer eigenen Sicherheit und ihrer Vorbildfunktion empfohlen.
- Bei der Beförderung mit dem Fahrrad wird dringend empfohlen, dass jedes Kind durch einen Fahrradhelm geschützt ist. Der Helm entspricht der Kopfgröße des Kindes und sitzt wie vom Hersteller angegeben.
- Damit die Helme nicht zur Strangulationsgefahr werden, sorgt die Kindertagespflegeperson dafür, dass die Fahrradhelme abgesetzt werden, sobald sie am Ziel (z. B. Spielplatz) angekommen sind.
- Hände und Füße der Kinder können beispielsweise durch Radverkleidungen nicht in die Speichen oder andere bewegte Teile geraten.
- Die Geschwindigkeit und die Fahrweise müssen der Verkehrssituation angepasst sein.
- Bei der Nutzung von Fahrrädern ist der Weg im Vorfeld auf Gefahrenquellen wie Unebenheiten, Engstellen, Verkehrsbeeinträchtigungen etc. einzuschätzen.
- Die Kindertagespflegeperson berücksichtigt sowohl jahreszeitliche als auch witterungsbedingte Veränderungen der Straßenverhältnisse und reagiert entsprechend.
- Die Bedienungs- und Betriebsanleitungen für eingesetzte Fahrräder, Kindersitze und Fahrradanhänger sind zu beachten.
- Das vom Hersteller vorgegebene zulässige Gesamtgewicht ist zu beachten.
- Die Nutzung mobiler Endgeräte (inklusive Kopfhörer) ist zu unterlassen. Die Konzentration während der Beförderung mit dem Fahrrad liegt bei den Kindern und dem Straßenverkehr.
- Die regelmäßige Wartung des Fahrrades nach Herstellervorgaben ist erforderlich.
- Vor Fahrtbeginn wird das Fahrrad auf seine Verkehrstauglichkeit überprüft (z. B. Bremsen, Licht).
- Das Anbringen und die Nutzung eines Rückspiegels ermöglichen, sowohl Straßenverkehr als auch hinten sitzende Kinder im Blick zu behalten.
- Während der Fahrt essen und trinken die Kinder nicht, da sie sich unbemerkt verschlucken können.
- Im Sinne von Sicherheit im Verkehrsraum sind Verhaltensregeln mit den Kindern altersentsprechend zu vereinbaren und einzuüben z. B.:
- Wir hören auf unsere Kindertagespflegeperson!
- Wir bleiben als Gruppe zusammen am Rad stehen, bis alle Kinder abgeschnallt und ab- oder ausgestiegen sind.
- Wir setzen den Fahrradhelm ab, wenn wir ab- oder ausgestiegen sind.
- ….
Zusätzlich zu beachten bei der Beförderung mit einem Lastenfahrrad:
- Lastenfahrräder sind im Vergleich zu herkömmlichen Fahrrädern größer und schwerer. Insbesondere das Gewicht und die Gewichtsverteilung können bei Beladung oder bei Beförderung von Kindern einen Einfluss auf das Fahrverhalten haben. Für den Umgang mit dem Lastenfahrrad ist es daher wichtig, dass das Fahrverhalten in unterschiedlichen Situationen bekannt und beherrschbar ist.
- Auf die Nutzung von Feststellbremse oder Ständer zum sicheren Abstellen von Lastenfahrrädern ist zu achten. Dies ist insbesondere bei der Sicherung mehrerer Kinder wichtig, damit das Lastenfahrrad während des An- oder Abschnallens nicht wegrollen kann.
- Um eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr zu gewährleisten, ist die Nutzung des Lastenfahrrades zu üben (z. B. Lenkeinschlag, Kurvenradius, Bremsweg und Schräglage bei Kurvenfahrt).
Zusätzlich zu beachten bei der Nutzung von Akku-betriebenen Fahrrädern:
- Der Akku ist entsprechend der Herstellerangaben zu laden und zu lagern.
- Der Akku ist auf Beschädigungen (z. B. durch einen Sturz), ungewöhnliche Gerüche und Verformungen zu überprüfen und ggf. zu ersetzen.
Ebenfalls zu beachten sind folgende Handlungsanleitungen und Leitfäden:
- Ausflüge in der Kindertagespflege
- Notfallkonzept in der Kindertagespflege
- Gefährdungsbeurteilung in der Kindertagespflege
Im Sinne des Förder- und Bildungsauftrages der Kindertagespflege ist die eigenständige Bewegung der Nutzung von Beförderungsmitteln vorzuziehen. Die sichere Beförderung von Kindern mit dem Fahrrad bedarf einer guten Vorbereitung und deren Umsetzung.
Weiterführende Informationen
- Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) § 21 (3) Personenbeförderung
- DGUV Vorschrift 82 Unfallverhütungsvorschrift Kindertageseinrichtungen
- DGUV Regel 102-602 Branche Kindertageseinrichtung
- DGUV Information 202-005 Kindertagespflege – damit es allen gut geht
- DGUV Information 202-025 Das gehört zu einem verkehrssicheren Fahrrad (Plakat)
- DGUV Information 202-065 Tipps, die Leben retten! Sichere Kinderkleidung
- DGUV Information 202-098 Prüf Dein Rad! – Checkliste für „Das sichere Fahrrad“
- DGUV Information 208-047 Pedelec25 – Fahrrad, Transportmittel – Elektromobilität
- DGUV Information 208-055 Sicher unterwegs mit dem Transport- und Lastenfahrrad
- DIN 79010:2020-02 Fahrräder - Transport- und Lastenfahrrad - Anforderungen und Prüfverfahren für ein- und mehrspurige Fahrräder
- ADAC Elektrische Lastenräder: ADAC Test mit Licht und Schatten
- Unfallkasse Nordrhein-Westfalen
- Bundesanstalt für Straßenwesen (bast)
- Broschüre: Kinderbeförderung auf Lastenfahrrädern
Diese Informationen können Sie hier als pdf-Datei herunterladen: Beförderung mit dem Fahrrad in der Kindertagespflege