Gesunde Gestaltung der Arbeit
Durch das Arbeitsschutzgesetz sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, die Arbeit so zu gestalten, dass eine Gefährdung für das Leben sowie für die physische und psychische Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst geringgehalten wird.
Es werden sechs sogenannte Gestaltungsbereiche unterschieden, die Einfluss auf die psychische Belastung bei der Arbeit haben und die bei der gesunderhaltenden Gestaltung der Arbeit berücksichtigt werden sollten: Arbeitsaufgabe, Organisation der Arbeit, Arbeitszeit, Arbeitsumgebung, Arbeitsmittel und soziale Kontakte.
Bei der Darstellung der Belastungsfaktoren ist zu beachten, dass nicht alle inhaltlich unabhängig voneinander sind. Die psychische Belastung ist per Definition die „Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf einen Menschen zukommen und diesen psychisch beeinflussen.“ (DIN ISO 10075-1:2017) Das heißt, dass sich der Bedarf der Gestaltung der Arbeit aus der Gesamtheit aller psychischen Belastungsfaktoren einer Tätigkeit ergibt. Verbesserungen der Arbeitssituation können schon durch die Gestaltung eines einzelnen Belastungsfaktors erreicht werden. Aber nur, wenn die Gestaltungsmaßnahmen alle Bereiche umfassen, kann davon ausgegangen werden, dass Veränderungen auch nachhaltig spürbar sind und die Gesundheit und das Wohlbefinden der Beschäftigten verbessert wird. Einen großen Einfluss auf die Wirksamkeit von Maßnahmen stellt außerdem die aus dem technischen Arbeitsschutz bekannte Maßnahmen-Hierarchie „T-O-P“ (technisch/baulich vor organisatorisch vor persönlich) dar. Diese sollte auch bei den psychischen Belastungen Beachtung finden.
Die T-O-P-Hierarchie zielt darauf ab, Gesundheits- und Unfallrisiken an ihrer Quelle zu vermeiden. Dadurch erzielen Arbeits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen eine größtmögliche Wirkung bei allen Beschäftigten und führt dazu, das Arbeits- und Gesundheitsschutz im Unternehmen ganzheitlich und strukturiert gedacht wird. Das beste individuelle Verhaltens-Training hat keine schützende Wirkung, wenn z. B. die zweite Tür aus dem Kundenberatungsraum im Sozialamt fehlt oder der Tastatur-Notruf bei Übergriffen nicht funktioniert. Eine Beteiligung der Beschäftigten bei der Maßnahmenfindung fördert die betriebliche Sicherheitskultur und stärkt das Verantwortungsbewusstsein und die Akzeptanz der Beschäftigten.
T – O – P Maßnahmenhierarchie
Diese Maßnahmen stehen an erster Stelle und zielen darauf ab, Gefährdungen direkt an der Quelle zu beseitigen oder zu verringern. Technische Maßnahmen sind oft die effektivsten, da sie darauf abzielen, die Gefahren zu eliminieren, bevor sie auftreten können.
Beispiele:
- Ausstattung von Arbeitsstätten mit Brandmelde- und Feuerlöscheinrichtungen
- Ansprechende Möblierung von Kundenwartebereichen
- Anbringung von wirksamen Sonnenschutzsystemen
- Ersatz von gefährlichen Stoffen durch weniger gefährliche, z. B. im Reinigungsbereich
Organisatorische Maßnahmen werden eingesetzt, wenn technische Maßnahmen allein nicht ausreichen oder nicht praktikabel sind. Sie betreffen die Organisation der Arbeit und zielen darauf ab, die Exposition gegenüber Gefährdungen zu reduzieren.
Beispiele:
- Arbeitszeitregelungen und Pausen
- Beratungszeiten nach Terminvergabe
- Schulung und Unterweisung der Mitarbeiter
- Erstellung von Notfallkonzepten
Personelle Maßnahmen sind die letzte Stufe der Hierarchie und umfassen individuelle Schutzmaßnahmen. Diese Maßnahmen sind am wenigsten effektiv, da sie auf das Verhalten und die Aufmerksamkeit der einzelnen Mitarbeiter angewiesen sind.
Beispiele:
- Schulung und Training der Mitarbeitenden zum Umgang mit Maschinen oder Themen wie Deeskalation, Konfliktgesprächen und Resilienz
- Bereitstellung von persönlicher Schutzausrüstung (PSA) wie Handschuhen, Schutzbrillen, Sonnenschutz- oder Desinfektionsmitteln
Die Gestaltungsanforderungen gelten unabhängig von Arbeitsort und Art des Beschäftigungsverhältnisses. Welche Aspekte im Einzelnen bei der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen sind, ist mit Blick auf die konkreten Tätigkeitsanforderungen und Bedingungen der zu beurteilenden Arbeit zu entscheiden. Beispielsweise wären bei der Gefährdungsbeurteilung der Arbeit von Polizei und Rettungskräften, aber auch in der Krankenpflege Gefährdungen durch emotionale Inanspruchnahme und traumatisierende Ereignisse zu berücksichtigen.
Branchen- und tätigkeitsübergreifend relevant sind die Gestaltung von Arbeitsintensität, Arbeitszeit, Handlungsspielraum und sozialen Beziehungen, insbesondere zu Vorgesetzten, sowie die Gestaltung der Arbeitsumgebungsbedingungen.
Weitere Handlungsempfehlungen finden Sie auch unter dem Portal der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie – kurz „GDA“:
Startseite - BMAS GDA Psyche (gda-psyche.de)
Medien:
„Berücksichtigung psychischer Belastung in der Gefährdungsbeurteilung - Empfehlungen zur Umsetzung in der betrieblichen Praxis“ Stand: 15. Juni 2022 (4., vollständig überarbeitete Auflage, 2022) Herausgeber: GDA-Arbeitsprogramm Psyche c/o Bundesministerium für Arbeit und Soziales Referat IIIb4 11017 Berlin
„Psychische Arbeitsbelastung und Gesundheit“ Stand: 27. November 2017 Herausgeber: Leitung des GDA-Arbeitsprogramms Psyche c/o Bundesministerium für Arbeit und Soziales Referat IIIb2 11017 Berlin